Stellungnahme der SPD zum Haushaltsplan 2020

Veröffentlicht am 10.05.2020 in Gemeinderatsfraktion

Da Aufgrund der Corona-Pandemie eine verkürzte Redezeit vereinbart war, veröffentlichen wir hier nun die ungekürzte Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Haushaltsplan 2020.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Spanberger, meine Damen und Herren von der Verwaltung, werte Zuhörer,

 

„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Das hat schon vor über 2300 Jahren der griechische Philosoph Aristoteles festgestellt. Insbesondere zu Corona-Zeiten ist dieser Ausspruch wichtiger denn je! Für den Haushalt 2020 bedeutet dies, dass dieser bereits jetzt schon wieder überholt ist. Es wird höchstwahrscheinlich ein Nachtragshaushalt nötig werden, der die Veränderungen der Corona-Pandemie entsprechend abbildet.

 

Gedanklich steht hier ein „Haushalt für die Bildung“ einem (zukünftigen) „Haushalt in der Krise“ gegenüber.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine ursprüngliche Haushaltsrede konnte ich bereits 16.03.20 – dem Beginn des sog. Lockdowns – dem Ablagestapel zuordnen. Die Pandemie, welche die gesamte Menschheit in ihren Bann gezogen hat, stellt die größte Herausforderung für unser Land – für unsere Gemeinde – dar, die wir seit dem Ende des 2. W.K. vor 75 Jahren nicht mehr gesehen haben. Bundesweit wird momentan damit gerechnet, dass wir in eine Rezession rutschen, wodurch sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt voraussichtlich um 6,3 % im Gesamtjahres-Schnitt verringern wird.

Der landes- bzw. bundesweite Blick auf die Verhältnisse ist wichtig, da die Gemeinde für einen großen Teil der Summen auf der Einnahmeseite nicht selbst verantwortlich ist. Ferner sind wir von der aktuellen wirtschaftlichen Situation unseres Landes abhängig und diese – diplomatisch formuliert – „trübt sich“, wie soeben angedeutet, „ein“. Wir profitieren noch von einem hohen Einkommensteueranteil, der unserer Kommune zufließt (etwas auf 5,97 Mio € zurückgegangen), von der Gewerbesteuer und diversen Zuschüssen.

 

Holger Schröder

Wie wir gesehen haben, gelingt es uns in 2020 nicht, die ordentlichen Aufwendungen mit den ordentlichen Erträgen im Ergebnishaushalt zu decken. Somit musste auf einen Teil der vorhandenen Liquiden Mittel 1,367 Mio. € (insg. 3,707 Mio. €) zurückgegriffen werden, um zusammen mit einer Nettokreditaufnahme von 2,077 Mio. € (2,5 Mio € Kredite) eine Deckung herzustellen. Die Berechnung der pro Kopf- Verschuldung beläuft sich demnach auf 989 €, was ein Anstieg von 243 Euro (von 746 € 01.01.2020), gegenüber dem Vorjahr, bedeutet. Sind unsere Finanzen damit gesund, noch gesund oder nicht mehr gesund?

 

Um diese Frage zu beantworten, habe ich bereits auf die engen Rahmenbedingungen hingewiesen. Nun kommen noch weitere Belastungen auf die Gemeinde zu, die der Corona-Pandemie geschuldet sind: Ob Stundungen bei der Gewerbesteuer, die gestiegenen (und notwendigen!) Ausgaben bei den Hygienemitteln, den Mietausfällen, der Mehrbelastung beim ÖPNV oder weiteren EDV-Anschaffungen, um ein Homeoffice einrichten zu können.

Einen unglaublich wichtigen Beitrag leistet (durchaus in doppeltem Sinne) sich die Gemeinde hinsichtlich der Aussetzung der Kindergartengebühren. Die Aussetzung der Beiträge zeigt jedoch, was möglich ist! Mir liegt die finanzielle Entlastung und damit die Stärkung der Familien in unserer Gemeinde, wie in ganz Baden-Württemberg, am Herzen. (Die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts wurde nun auch wg. Der Pandemie verschoben) Frühkindliche Bildung auf der einen und die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf der anderen Seite sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müssen deshalb vollständig von der Allgemeinheit getragen werden. Wir sehen hier in erster Linie das Land in der Pflicht. Unsere Gemeinde ist eine lebens- und liebenswerte mit guten Zukunftschancen, welche wir nutzen sollten. Wir müssen unseren Standort als Arbeits- und Wohnort – letzterer ist für uns von größerer Bedeutung – attraktiv halten. Dazu zählen auch kurze Wege zwischen Wohn- und Arbeitsort, sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht. Ein Beitrag dazu ist, dass wir vor Ort hinsichtlich der Qualität und der Versorgungsdichte das bestmögliche Bildungs- und Betreuungsangebot schaffen. Für uns Sozialdemokraten gilt dabei die Leitlinie der Kostenfreiheit von Bildung und Erziehung. Nach der Krise werden unsere Familien mehr denn je gebraucht. Als starker Staat sollten wir Ihnen die Stärkung und finanzielle Entlastung geben, welche sie verdienen – beste Bildung und beste Betreuung. In diesem Sinne ist auch unser Antrag unter Top 9 zu verstehen.

 

Alle Belastungen, die nun auf uns zukommen, befreien uns jedoch nicht von der Verantwortung, dass wir gestalterisch tätig bleiben müssen. Schließlich sind die Kommunen ein zentraler Bestandteil unseres Gemeinwesens. Denn sie sind es, die wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge und der lokalen Infrastruktur wahrnehmen. Insbesondere der Gemeindehaushalt 2020 will sich dieser Verantwortung annehmen. An dieser Stelle möchten wir den Fokus auf die Schulen legen, der nicht aus dem Blick geraten darf! Diese stellen eine Pflichtaufgabe der Gemeinde dar, wobei uns das Regierungspräsidium darüber hinaus auch aufgeklärt hat, mit welchem Raum- bzw. Platzbedarf wir eigentlich rechnen müssen. Hier müssen wir insb. bei der Grundschule in Tairnbach dranleiben und die ersten Eckpfeiler setzen. Die Sanierung der Grundschule in Mühlhausen, sowie die Erweiterung der Gemeinschaftsschulen bleiben weitere große Brocken, die geschultert werden wollen. Eine Umsetzung ist hier leider nicht einfacher geworden. Die SPD möchte an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass es der Gemeinde bei der Antragstellung im Jahr 2015 bereits klar gewesen sein muss, dass es für den Betrieb einer Gemeinschaftsschule weiterer – insb. auch räumlicher – Investitionen bedurfte. Zunächst waren keine weiteren Mittel für die Planung vorgesehen. Hier war es unser Wunsch, dass weitere Mittel eingestellt werden, um die Planungen fortsetzen zu können. Hierdurch können wir zu einem späteren Zeitpunkt gewährleisten, einen Plan in der Schublade zu haben, um zügig auf neue Fördermöglichkeiten reagieren zu können, wodurch eine Realisierung wieder näher rücken könnte. Ich meine, dass man bei der Umgehungsstraße ähnlich vorgegangen ist. Wir sind der Meinung, dass es einen Makel für diesen Haushalt darstellt, da man für die Gemeinschaftsschule keine positiveren Zeichen setzen konnte.

 

Bei all dem ist mir bewusst, dass jedes Projekt für sich eine große finanzielle Herausforderung ist. Denken wir an die kalkulatorischen Kosten, die bei jeder Maßnahme entstehen. Wir nehmen Kredite auf, tilgen, zahlen Zinsen dafür in den Folgejahren. Abschreibungen müssen gebildet und im Haushalt berücksichtigt werden. Ebenso sollten zu jeder Maßnahme Rücklagen gebildet werden. Trotz alledem dürfen wir nicht vergessen, in was wir hier investieren! Es geht um die besten Bildungschancen für unsere Kinder und Kindeskinder beginnend von der Kita bis zur Sekundarstufe!

 

Im Haushaltsjahr 2020 werden nun einige größere Projekte abgeschlossen bzw. initialisiert: Hier wären z.B. folgende Punkte zu nennen: Investitionen in den Grunderwerb (2,752 Mio. €); wichtige Maßnahmen im Straßenbau (z.B. Brückenbauwerk Bahnhofstr. 120.000 € / 350.000 € in 2021); Abschluss von Umbau- und Sanierungsmaßnahmen am Kindergarten St. Josef (Außenanlage) 645.000 €; die Maßnahmen am Waldangelbach mit 250.000 € oder auch am Friedhof in Rettigheim mit 100.000 €.

 

Wie Sie bereits bei den soeben ausgeführten Beispielen aus dem Investitionsprogramm für dieses Jahr sehen, hat die Gemeinde vielseitige Aufgaben und Pflichten zu erfüllen. Und wiederum: Unser Budget bleibt begrenzt, durch die Pandemie umso mehr. Für die weiter oben angesprochenen Aufgaben insb. im Bildungsbereich bitte ich um Berücksichtigung der genannten Argumentation. Wir sichern von unserer Seite aus Engagement und Kompromissbereitschaft zu, damit für die gesamte Bevölkerung gute Lösungen gefunden werden können. Nicht vergessen möchten wir hierbei die Feuerwehren in Rettigheim wie in Mühlhausen, die ebenfalls auf eine Lösung für ihre Räumlichkeiten warten. Wir geben zu, die ganzen genannten Projekte lesen sich gut und haben sicherlich auch ihre Berechtigung. Dennoch mahnten unsere Fraktionskolleginnen und -kollegen vor uns bei jeder Haushaltsrede das Gleiche: - Wo ist der seit vielen Jahren von uns geforderte Sozialarbeiter? - Wo ist die seit vielen Jahren geforderte Kleiderstube, die man bei gutem Willen schon längst vorläufig irgendwo hätte unterbringen können? - Was können wir noch tun, um der in vollem Gange befindlichen Klimakatastrophe zu begegnen? Wie lösen wir die, immer noch vorhandene und unzureichende, Versorgung mit Betreuungsplätzen im U3 und Ü3 Bereich? Wie lösen wir die Betreuungslücke im Betreuungsbereich für Seniorinnen und Senioren insb. in Rettigheim? Insbesondere für die Fragen der Betreuung hat die SPD – auch hier im Rat – bereits eine Initiative unterbreitet, die diese anpacken könnte. Die Möglichkeiten einer Genossenschaft sind hier vielfältig und auch über Wege in Angriff zu nehmen, die den Haushalt unserer Gemeinde nicht strapazieren. Mit fast allen Fraktionen fanden hierzu bereits erste Gespräche statt, um diese Idee näher zu beleuchten.

 

Mit dem Blick auf das „große Ganze“ und zugleich auf unsere Gemeinde möchten wir anmerken, dass gerade in einer Krisensituation, wie wir sie gegenwärtig erleben, gemeinschaftlich organisierte Lösungen ihre besondere Qualität zeigen. Die vielen Fälle der Nachbarschaftshilfe verdeutlichen, was es konkret heißt “den Anderen mitzudenken“ und sie zeigen auch, dass ein großer Teil der Bevölkerung diese Grundhaltung teilt. Es gilt hier anzuknüpfen, jetzt in der Krisenzeit und in der hoffentlich alsbald wieder einkehrenden Normalität.

 

Bei jeder öffentlichen Rede hört man, dass Mühlhausen eine lebens- und liebenswerte Gemeinde ist. Sicher! Sorgen wir auch weiterhin dafür, dass wir unsere Gemeinde in die richtige Richtung führen. Wir wollen, dass auch das ganz alltägliche Leben unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger lebenswert ist, dass sich jeder Mensch – das ist für die SPD grundlegend – ob alt oder jung, reich oder arm, in unserer Gemeinde aufgenommen und wohl fühlt.

Ich möchte im Besonderen darauf hinweisen, dass seit den letzten Haushaltsberatungen infolge der Corona-Pandemie völlig neue Verhältnisse eingetreten sind. Es ist schon jetzt klar, dass der zukünftige Haushalt ein völlig veränderter sein wird. Aufgrund dieser Umstände und Sachzwänge stimmt die SPD-Fraktion dem Haushalt 2020 zu.

 

Zuletzt möchten wir uns bei der Verwaltung für die geleistete Arbeit bedanken.

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Für die SPD-Fraktion, Holger Schröder

 

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