Die Kommunalpolitik kann in den kommenden Jahren ihre eingefahrenen Wege nicht mehr fortführen. Zu vieles verändert sich gegenwärtig, zu drastisch, als dass Gewohnheiten einfach beibehalten werden könnten. Auch eine Gemeinde wie Mühlhausen sollte bereit sein, die bisherigen Themenschwerpunkte und ihre Vorgehensweise zu überprüfen und in vielen Fällen auch neu auszurichten. Nur so kann geschaffener Wohlstand gesichert, können freie Entfaltungschancen für möglichst viele Menschen geschaffen und bereits entstandene soziale Spaltungen reduziert werden. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, orientieren sich Sozialdemokraten an den grundlegenden Vorstellungen von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Diese Werte geben vor, wie zentrale Handlungsfelder zu gestalten sind. Dabei geht es besonders um Umwelt und Klima, Seniorenbetreuung und „gute Arbeit“, kostenfreie Bildung, günstigen Wohnraum, die Förderung von Kleinbetrieben, insbesondere im Bereich Handwerk und Weinbau sowie um die Stärkung der Zivilgesellschaft. Die genannten Handlungsfelder müssen in ein aktualisiertes Gesamtkonzept einer Gemeindeentwicklung für Mühlhausen zusammengeführt werden und so einen beliebigen Flickenteppich verhindern.
Keine politische Ebene unserer Gesellschaft kann zukünftig ausgenommen werden, wenn es darum geht, die Möglichkeiten zur Minderung der Erderwärmung zu nutzen. Ohne Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist politisches Handeln sinnlos. Jede Gemeinde kann dabei vielfältige Maßnahmen ergreifen. Dies reicht von der Bevölkerungsaufklärung über die Einspeisung von Ökostrom in alle mit der Gemeinde direkt verbundenen Einrichtungen, bis zu Selbstverpflichtungen der Gemeinde bei der Auftragsvergabe zur Einhaltung hoher Umwelt- und Klimastandards durch Unternehmen. Dabei sind genossenschaftliche Modelle der Versorgung mit Strom aus regenerierbaren Quellen aus vielerlei Gründen (u.a. keine Konzernmacht, sondern demokratische Strukturen) besonders attraktiv. Hinsichtlich der konkreten Handlungsmöglichkeiten kann auf langjährige Erfahrungen anderer Kommunen zurückgegriffen werden.
Der Kraichgau wird zu Recht als Naturraum hoch bewertet. Als Beitrag zum Schutz und Pflege der historisch gewachsenen und aus Gründen des Naturschutzes besonders wertvollen Natur- und Kulturräume sollte beispielsweise eine Selbstverpflichtung der Gemeinde zum Ausschank von Fruchtsäften von einheimischen Streuobstwiesen geschaffen werden. Einbezogen werden sollten insbesondere die Schulen und Kindergärten.
Die Altersarmut und der Notstand im Pflegewesen wird auch vor den Toren Mühlhausens nicht halt machen. Neue Wege muss die Gemeinde Mühlhauen daher auch in Punkto Seniorenbetreuung gehen. In den kommenden Jahren werden zunehmend geburtenstarke Jahrgänge aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden und die bereits heute schon knappen Betreuungsangebote zusätzlich nachfragen. Die in Mühlhausen bereitgestellten sowie die in Bau befindlichen Einrichtungen mögen für Investoren zur Kapitalanlage attraktiv, jedoch nur für einen eher kleineren Teil der Personen im Ruhestand auch erschwinglich sein. Unseren Vorstellungen von Solidarität und Gerechtigkeit entsprechen diese Lösungen daher nicht. Die Versorgung der älteren Bevölkerung Mühlhausens darf nicht zu einem reinen Geschäftszweck werden, vielmehr ist sie eine solidarisch zu tragende Verpflichtung des Gemeinwesens. Es müssen folglich dringend für die finanziell weniger leistungsfähigen und auch sehr unterschiedlich betreuungsbedürftigen älteren Bürgerinnen und Bürger Angebote bereitgestellt werden.
Senioren dürfen auch im Alter nicht ihre Freiheit einbüßen. Möglichst lange selbstbestimmt zu leben ist daher unverzichtbarer Bestandteil unserer Vorstellung von Seniorenbetreuung. Eine wichtige Komponente ist weiterhin die Entlastung von berufstätigen Familienangehörigen, die gleichzeitig einen Beitrag zur Vereinbarung von Familie und Beruf leistet. Diese positiven Effekte strahlen somit auch auf regional ansässige Unternehmen aus, die ohnehin bereits durch den Fachkräftemangel belastet werden. Hinsichtlich der konkreten Umsetzung von Betreuungs- und Versorgungskonzepten kann auf umfangreiche Erfahrungen aus vielen erfolgreichen Modellen und aus zahlreichen Gemeinden zurückgegriffen werden. Auch in diesem Handlungsfeld haben sich unterschiedliche Varianten gemeinwohlorientierter Organisation bewährt. Aufgrund ihrer vielfältigen Vorteile sollten sie vorrangig unterstützt werden.
Kinderhaus "Arche" in Rettigheim
Bildung und Erziehung sind grundlegende Rechte für alle Bevölkerungsgruppen und müssen daher grundsätzlich beitragsfrei sein. Einkommensschwache Familien müssen einen vergleichsweise hohen Anteil an Kosten für Kitas tragen und werden daher besonders stark belastet. Auch die Integration wird wesentlich erleichtert, wenn Kinder von zugewanderten Familien so früh wie möglich die Sprache und Kultur des Landes kennenlernen. Zahlreiche – wirtschaftlich deutlich schwächere – Bundesländer verlangen entweder keine Kitagebühren bzw. der Anteil der Gemeinden ohne Gebühren für Kindertagesstätten ist wesentlich höher als in Baden-Württemberg. Auch für die Gemeinde Mühlhausen gilt die Forderung: Von Kindesbeinen an muss Bildung und Erziehung für alle kostenfrei sein!
Neben einer guten finanziellen Ausstattung und möglichst langen gemeinsamen Lernens sind kurze Wege entscheidende Bedingungen für gute schulische Bedingungen unserer Kinder. Daher setzen wir uns für eine finanzielle Stärkung der Schulen, für die Gemeinschaftsschule sowie für den Erhalt und die Sicherung unserer Grundschulen ein.
Ausgehend von unserem Freiheitsverständnis soll die Förderung der Jugend in der Gemeinde auf Selbstbestimmung ausgerichtet sein. Daher fordern wir die Einrichtung eines eigenen Forums zur Selbstverwaltung, wie dies beispielsweise in Form eines Jugendgemeinderates /-parlaments erfolgen kann. Im Sinne einer Hilfe zur Selbstbestimmung soll die Stelle einer Jugendsozialarbeiters geschaffen werden, damit die Jugendlichen über eine Vertrauensperson und zugleich eine kompetente Unterstützung für ihre Anliegen verfügen können.
Die Wohnungsnot trifft insbesondere gering verdienende Personengruppen. Sie sind die Verlierer beim Verdrängungswettbewerb auf dem Wohnungsmarkt und bedürfen daher besonderer Unterstützung. Eine seit über hundert Jahren, und auch in den Nachbarländern Österreich und Schweiz bewährte Form der Schaffung von Wohnraum für einkommensschwache Personen sind genossenschaftliche Modelle. Hat man in unserer Gemeinde bisher privatwirtschaftlichen Wohnungsbau bzw. Investorenprojekte favorisiert, so ist unseres Erachtens eine Erweiterung um genossenschaftliche Wohnungskonzepte dringend erforderlich. Wir setzen uns daher dafür ein, dass die Gemeinde zukünftig vermehrt gemeinnützige Wohnungsbauprojekte durch Selbstverpflichtungsregelungen (beispielsweise durch Erbbauregelungen) fördert.
Die gezielte Förderung von Unternehmensneugründungen und die Unterstützung des bereits ansässigen (Klein-)Gewerbes bildet ein weiteres Handlungsfeld der SPD in der Gemeinde Mühlhausen. Als besonders dringlich erscheint eine strategische Entgegnung des mittlerweile dramatischen Niedergangs des Kleingewerbes und des Sterbens von Ladengeschäften in den Ortszentren. Auch eine Förderung von Gründern bzw. die Neuansiedlung von Unternehmen nach sozialen, ökologischen und wirtschaftsstrukturellen Kriterien sollte Bestandteil einer übergreifenden Gemeindeplanung sein.
Ein attraktives Element zur Lösung mehrerer Problemlagen könnte beispielsweise die Förderung der ortstypischen Weinbauwirtschaft durch die Unterstützung von gemeinschaftlich zu nutzender Infrastruktur (Hallen, Lagermöglichkeiten u.a.m.) sein. Weiterhin könnte eine Verkostungs- bzw. Vertriebskooperative initiiert werden. Den ansässigen Weinbauern innerhalb der bereits drastisch verödeten Gemeindezentren genossenschaftlich organisierte Vertriebsmöglichkeiten zu vergünstigten Konditionen anzubieten, könnte zu einer dringend erforderlichen Belebung der Ortskerne beitragen. Derartige und weitere kreative Konzepte sollen von Seiten der Gemeinde aufbereitet und moderierend zur Diskussion gestellt werden.
Eine Gemeinde lebt in entscheidender Art und Weise vom Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger in selbstgewählten Zusammenschlüssen, beispielsweise in Form von Vereinen, Verbänden oder Parteien. In der Zivilgesellschaft werden wichtige Leistungen für die Gemeinschaft erbracht, in ihr kann gemeinschaftliches Handeln und solidarische Verantwortung eingeübt werden. Sie stärkt dadurch die Demokratie. Wir werden die Vielfalt zivilgesellschaftlicher Tätigkeiten durch die Gemeinde unterstützten und für eine gerechtere Ressourcenverteilung eintreten. In ausgewählten Fällen, in welchen einfache Ja/Nein-Entscheidungen möglich sind, soll geprüft werden, ob Bürgerentscheide einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie leisten können.
Wir setzen uns für eine offene Verwaltungskultur ein und wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger intensiver an der politischen Willensbildung teilnehmen. Öffentliche Veranstaltungen zur Gemeindeentwicklung können hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Die genannten Handlungsfelder – und weitere zentrale Bereiche, wie insbesondere die Digitalisierung, die Zuwanderung, eine offene Verwaltungskultur, der öffentliche Nahverkehr und der wirtschaftliche Strukturwandel – münden in die Forderung nach einer gemeinsamen strategischen Vorgehensweise. Um den genannten Themen mehr Gewicht zu verleihen und soziale, gerechte und ökologische Lösungen zu entwickeln, setzt sich die SPD in der Gemeinde Mühlhausen für die Aktualisierung des vorhandenen Gemeindeentwicklungskonzeptes ein. Gerade bei einer derartigen Konzeptentwicklung bietet unser Verständnis von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität eine verlässliche Orientierung.