In der Berichterstattung und der politischen Kommentierung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der „Mietpreisbremse“ des Senats von Berlin, geht das Ausgangsproblem vielfach unter: Es existiert deutlich zu wenig günstiger Wohnraum. Die Mietkosten nehmen immer weiter zu und der Bestand an Wohnraum mit Sozialbindung geht stetig zurück. Mittlere Einkommensbezieher und sogenannte Geringverdiener müssen einen immer höheren Anteil ihres Einkommens für das Grundbedürfnis Wohnen ausgeben. In Berlin hat sich diese Situation dramatisch zugespitzt (siehe z.B. DIW-Wochenbericht 8/21), daher auch die drastische Maßnahme des Senats, die als nicht rechtmäßig beurteilt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei in seinem Urteil zur Mietpreisbremse nicht die ursächlichen Probleme in Abrede gestellt, sondern lediglich die rechtliche Zuständigkeit der Länder für eine Mietbegrenzung verneint („konkurrierende Gesetzgebung“). Der Ball liegt nun im Spielfeld des für Bau zuständigen Bundesinnenministers – erfahrungsgemäß sind daher keine Impulse zu erwarten.
Auch in Baden-Württemberg ist von der alten und neuen Landesregierung der Mangel an günstigem Wohnraum nicht entschärft worden, obwohl vielfältige Instrumente möglich und zulässig wären. Das Problem bleibt und drängt. Familien mit Kindern geraten immer weiter unter finanziellen Druck und neue Wohnformen, auch für Ältere, haben wenig Chancen zur Realisierung, da sie nicht in das Renditekonzept von Investoren passen und die öffentliche Hand sich immer weiter aus der Verantwortung zur Gemeinwohlorientierung auf dem Wohnungsmarkt zurückzieht.
Es ist folglich gut, dass die Kommunen selbst über Instrumente zu einem gemeinwohlorientierten und auch die Anforderungen an die Nachhaltigkeit berücksichtigenden Wohnungsbau verfügen. Fachliche Veröffentlichungen beispielsweise der Vereinigung der Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL), des Deutschen Instituts für Urbanistik, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und auch des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) dokumentieren die Vielzahl der Optionen und berichten über erfolgreiche Modelle. Die Erfahrungen anderer Kommunen und die wissenschaftliche Expertise sollten zum Handeln ermuntern, denn der Markt allein wird es nicht richten!
Die SPD-Fraktion hat daher bereits im Jahr 2020 einen Vorstoß vorbereitet, durch den Geringverdiener, Ältere, Familien mit mehreren Kindern und schließlich auch Interessenten von neuen Wohnformen (z.B. Mehrgenerationenprojekte) oder genossenschaftliche Initiativen einen Vorrang bei der Veräußerung von gemeindeeigenen Immobilien haben sollen. Der Öffentlichkeit wurde unsere Idee in der Gemeinderundschau Nr. 3 vom 21.01.2021 näher erläutert. Auch auf unserer Homepage https://www.spd-muehlhausen-kraichgau.de/hintergruende-fuer-die-kommunalpolitische-arbeit/ haben wir unsere Vorstellungen näher ausgeführt. Inhalt ist, dass Vorhaben begünstigt werden sollen, die sich auf die Nachhaltigkeit richten. Damit sollen umwelt- bzw. flächenschonende Bauvorhaben gefördert und die Zersiedelung der Gemeinde beendet werden. Der fachlich unter dem Begriff „Konzeptvergabe“ in den Gemeinderat eingebrachte Vorschlag der SPD-Fraktion Mühlhausen wurde in der Aprilausgabe des Staatsanzeigers von Baden-Württemberg löblich hervorgehoben. „Grundstückspolitik für gemeinwohlorientierte Ziele“ heißt es dort und aus dem Antrag – der in veränderter Form auch von den Freien Wählern und den Grünen unterstützt wurde – wird ausführlich zitiert. Wir sind der Auffassung, es steht der Gemeinde gut an, im Land als sozial und ökologisch engagierte und kreative Gemeinde wahrgenommen zu werden. Die SPD-Fraktion betrachtet es als Aufforderung weiter zur öffentlichen Meinungsbildung in der Gemeinde beizutragen und schließlich durch gemeinsam getragene Lösungen mehr Freiheit in der Lebensgestaltung für alle Bevölkerungsgruppen in der Gemeinde zu ermöglichen.
Für die SPD: Michael Mangold und Holger Schröder