Die SPD-Fraktion des Gemeinderats freut sich über die konstruktive Zusammenarbeit mit den Freien Wählern und den Grünen im Zusammenhang mit dem Antrag zur Konzeptvergabe. Hierbei geht es um die Vergabe von Immobilien in kommunalem Eigentum anhand von Kriterien der Gemeinunwohlorientierung und Nachhaltigkeit, wie in der Gemeinderundschau Nr. 3 vom 21.01.2021 näher erläutert wurde.
Es ist für eine Gemeinde im praktischen Handeln und grundsätzlich für die Demokratie wesentlich, dass Vertretern unterschiedlicher Parteien eine Verständigung zu wichtigen Themen möglich ist. Dazu gehören zweifelsohne der Themenbereich Wohnen sowie Klima- und Umweltschutz, wie er mit dem Begriff der Nachhaltigkeit mittlerweile allgemeine Anerkennung erfuhr.
Beim Thema Konzeptvergabe – aber auch bei allen anderen politischen Entscheidungen – kommt der Meinungsbildung vor einer Entscheidung eine besonders hohe Bedeutung zu. Es muss zuerst auf der Basis von Informationen ein Meinungsbildungsprozess in Gang gesetzt werden, dabei werden Argumente geprüft und vor dem Hintergrund eigener Wertvorstellungen bewertet. Dabei muss es möglich sein, auch seine Meinung zu einem Sachverhalt zu ändern, denn Meinungsbildungsprozesse sind auch Lernprozesse. Die sachlich richtige Darstellung eines Sachverhaltes macht es aber erst möglich eine Meinung zu bilden. Das klingt selbstverständlich, gleichwohl werden oftmals ritualhaft Vorschläge oder Anträge von Parteien abgelehnt; Gründe findet man – auch wenn manchmal die Fakten angepasst werden müssen – dafür praktisch immer.
Im konkreten Fall der Konzeptvergabe hat die CDU-Fraktion jedoch besonders wenig Mühe aufgewendet, die Ablehnung eines Antrags zu begründen. So verwies sie zur Ablehnung des gemeinsamen Antrags von SPD, Freien Wählern und den Grünen darauf, dass man doch bereits eine Konzeptvergabe praktiziere und nennt hierfür die Vergabe von Gewerbeflächen und „Im Riegel“ als Beleg. Bereits eine sehr oberflächliche Beschäftigung mit dem Thema Konzeptvergabe zeigt jedoch, dass diese Argumentation auf falschen Sachaussagen beruht und die Begründung der Antragsteller gerade besonders stützt: Es werden in verschiedenen Fällen, je nach den Bedingungen, unterschiedliche Kriterien herangezogen. Aber mit der Konzeptvergabe soll gerade eine Verständigung innerhalb der Gemeinde über allgemein geltende Kriterien erfolgen und diese Kriterien sollen gemeinsam festgelegt werden. Wie im Antrag ebenfalls ausgeführt, sollen auch bisher vorhandene Ideen in die Arbeit des Ausschusses einfließen und hierdurch eine vollumfängliche Betrachtung möglich werden. Schließlich soll es nicht so sein, dass bei einem Einzelfall eine Regel gilt, die bei einem anderen Fall nicht herangezogen wird. In Recht und Gesetz ist man mit derartigen allgemein geltenden Regeln in den letzten hundert Jahren – bis auf eine bekannte Auszeit des demokratischen Rechtsstaats - insgesamt recht gut gefahren.
Neben dem Gleichheitsgrundsatz wird hierbei auch die Transparenz für alle Beteiligten gestärkt: Die Konzeptvergabe macht öffentlich welche wertbezogenen Regeln allgemein für die Vergabe von kommunalem Eigentum gelten. Nach dem Vorschlag der SPD-Fraktion sollen Gemeinwohlorientierung und Nachhaltigkeit deutlichen Vorrang vor anderen Kriterien einnehmen. Und da die Kriterien der Konzeptvergabe bereits vor der Bewertung durch die Auswahlgremien der Verwaltung öffentlich gemacht werden, verändern sie auch die Angebote. Es vollzieht sich dadurch ganz allmählich eine sehr wünschenswerte Hinwendung der eingereichten Angebote von Interessenten zugunsten ökologischer Bauprojekte und eine verstärkte Aufmerksamkeit für Wohnungsbauprojekte einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen. Architekten und Planer werden durch gemeinwohlorientierte Regeln aufgefordert Bauprojekte zu entwickeln, die es auch Familien mit einem geringeren Einkommen oder Vermögen ermöglichen soll, solide und sichere Wohnverhältnisse für sich und ihre Kinder zu schaffen. Das sind die Ziele, die die SPD-Fraktion mit der Konzeptvergabe verfolgt und für die sie um Unterstützung bei den anderen Parteien wirbt.
Die hier nur grob skizzierten Überlegungen machen das aus, was als Meinungsbildungsprozess zu verstehen ist. Es geht nicht um ein Abfragen von bereits vorgefertigten Meinungen und auch nicht um ad-hoc-Entscheidungen, sondern um einen Lernprozess. Dabei sollte klar sein: Wir brauchen unterschiedliche Sichtweisen – auch verschiedene Wertvorstellungen – um für die Gemeinde in wichtigen Fragen richtig entscheiden zu können. Dieses Ringen um die beste Lösung setzt jedoch voraus, dass die zu entscheidenden Sachfragen richtig dargestellt werden.