Der SPD Ortsverein Mühlhausen-Rettigheim-Tairnbach lud am vergangenen Samstag interessierte Bürger, Mitglieder und benachbarte Ortsvereine zu einem gemeinsamen Besuch der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg ein. Verbunden wurde dieser Besuch mit einem Test des ÖPNV, denn man fuhr per Bus und Bahn in die Kurpfalzmetropole.
Hier mussten die Teilnehmer bereits erfahren, dass es sich als durchaus problematisch gestaltete, vom Wohnort die S-Bahn Anbindungen erreichen zu können. Sehr zügig würde man normalerweise mit der Linie 702 zum Bahnhof Rot-Malsch kommen. An Wochenenden erweist sich dies jedoch als schwierig, da lediglich 4 Busse im zwei Stundentakt und nur bis 15:37 Uhr fahren. Alternativ bedient die Linie 702 noch den Bahnhof Wiesloch/Walldorf über Dielheim. Auch hier ist die Taktung zweistündig und endet bereits um 14:19 Uhr. Als Negativfaktor für diese Variante kommt noch hinzu, dass allein die Fahrtzeit von Mühlhausen Haltestelle Rathaus 33 Minuten beträgt. Dies erschwert die Entscheidung vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen, um auch an Wochenenden nach Heidelberg zu gelangen, erheblich. Da Familien sinnvollerweise vom sogenannten „Ticket 24 Plus“ gebraucht machen, haben diejenigen, die in Mühlhausen starten, wiederum Nachteile gegenüber denjenigen, die mit ihrem Auto nach Rot-Malsch fahren und dies dort stehen lassen. Bei einer Abfahrt von Mühlhausen muss nämlich eine Wabe zusätzlich bezahlt werden. Auch die Rückfahrt gestaltet sich als Problem: Zwar fahren in regelmäßigen Abständen noch bis in den Abend hinein S-Bahnen, doch eine letzte Busverbindung nach Mühlhausen Rathaus existiert nur bis 14:05 Uhr. Daher waren sich alle Teilnehmer einig, dass zumindest das Ruftaxiangebot eingerichtet und noch stärker ausgeweitet werden müsse.
Doch bereits als die Teilnehmer in der S-Bahn saßen, kam man überein, dass Fahrzeiten und Taktung dieses Streckenabschnitts bis in die späten Abendstunden sehr günstig seien. Auch in Heidelberg angekommen, konnte man bereits schnell in die andere S-Bahnlinie zum Karlstorbahnhof umsteigen, so dass die Anreise ohne Probleme erfolgte.
Nach einem ersten Gang über den Heidelberger Weihnachtsmarkt am Rathaus, wurden die Fahrtteilnehmer herzlich vom Leiter der Gedenkstätte, Dr. Walter Mühlhausen, in der angrenzenden alten Backstube des Museums, in Empfang genommen. Diese Örtlichkeit brachte Dr. Mühlhausen auch zunächst den Teilnehmern nahe, denn bis in das Jahr 1988 hinein wurde dort noch Brot gebacken, um schließlich im gegenüberliegenden Café Burkardt verkauft zu werden. „Auch Friedrich Ebert hatte in seinen Kindheitstagen in diesem Innenhof den frischen Brotgeruch in der Nase“ führte Walter Mühlhausen weiter aus. Eben in diesem Innenhof befindet sich die nur 48 m2 große Wohnung, in welcher Friedrich Ebert am 4. Februar 1871 um 12 Uhr geboren wurde. Der Leiter der Gedenkstätte informierte seine Gäste bei der Begrüßung ebenso darüber, dass es in Deutschland fünf Stiftungen öffentlichen Rechts gibt, die das Gedenken an politische Persönlichkeiten von historischer Größe pflegen und historische Forschung betreiben: Die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung in Berlin und Lübeck, die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus in Rhöndorf bei Bonn, die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart, die Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh und eben die Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, deren Kuratoriums-Vorsitzender der ehemalige Bremer Oberbürgermeister Henning Scherf ist. Im Anschluss hieran führte das Ortsvereinsmitglied Holger Schröder, der zugleich Besucherführer in der Gedenkstätte ist, die Teilnehmer durch Geburtswohnung und Ausstellung. Insbesondere die Gründungsphase und der Aufstieg der Partei im Kaiserreich unterstreichen dabei den seit jeher unbedingten Einsatz der SPD für die sozial Benachteiligten und verdeutlichen eine gut organisierte, zuerst ‚klientelbildende’ Parteiarbeit. Und im Rahmen der Revolution 1918 ist es dann in erster Linie der Volkspartei SPD zu verdanken, dass sich politische Freiheits- und Bürgerrechte als verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte verankern, die zuvor rund ein Jahrhundert lang auch (‚linksliberale’) Teile des Bürgertums gefordert hatten. Der weitere Weg der Ausstellung zeigt dann die vielfältigen politischen Herausforderungen der Weimarer Zeit. Im weiteren Verlauf der Ausstellung wurde erkennbar, dass vor allem der Versailler Vertrag die innere und äußere Entwicklung der ersten deutschen Demokratie schwer belastete, wovon eine Vielzahl von historischen Dokumenten und Bildern aus der Anfangszeit der Republik Zeugnis geben. Während der Führung wurde ebenso deutlich, welchem politische Stil und Amtsverständnis Ebert nachhing. Schröder führte im Weiteren aus, dass Ebert „immer darauf bedacht gewesen sei, überparteilich und im Sinne der soziale Demokratie sowie der Republik zu handeln“. In einer abschließenden Runde wurde klar, dass es auch Eberts Wirken zu verdanken war, dass die erste Republik nicht sofort nach wenigen Monaten wieder beseitigt wurde. Sein Eintreten für diese erste deutsche Demokratie verdiene weitaus größere Aufmerksamkeit: Dabei stellte man zugleich fest, dass das Leben und Wirken des ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert im Geschichtsbewusstsein der Menschen und der Kinder und Jugendlichen in den Schulen kaum oder nur eine geringe Bedeutung einnehme.
Nach der Führung verließen die Teilnehmer die Gedenkstätte in Richtung Weihnachtsmarkt, wo man sich mit einem ersten Glühwein einstimmen konnte, um in der Gaststätte „Palmbräugasse“ einen gelungenen Abschluss zu finden.